ALBUS: Justin Dingwall

27 November 2016 - 13 Januar 2017 Aachen

Dem Diskurs über Albinismus geht man im südafrikanischen Umfeld in der Regel als Tabu aus dem Weg. Wenn man sich damit beschäftigt, dann wird er meistens als negativ oder als eine in der Mode und in Kunsttrends begehrte »Kuriosität« betrachtet. Justin Dingwall, Fotograf und Schöpfer der Folgen mit dem Titel Albus,zielt auf eine intime Betrachtungsweise ab, um die verschiedenen Wahrnehmungen rund um den Albinismus zu beleuchten.

 

Alles begann mit einem Interesse, etwas festzuhalten, das klassischerweise nicht als »Schönheit« wahrgenommen wird. Am Anfang von Dingwalls Projekt standen die ätherischen Porträts von Thando Hopa, einer Staatsanwältin, die ihr Aussehen und ihre Öffentlichkeit nutzt, um die negative Wahrnehmung von Albinismus zu thematisieren. Dingwalls inspirierendes neues Werk zeigt Sanele Xaba, ein junges Model mit Albinismus, und setzt spezielle Elemente ein, um die symbolische Bedeutung hinter jeder Arbeit in den Vordergrund zu rücken.

 

Dingwall will, dass die Bilder eine andersartige Schönheit zelebrieren. »Sie handeln nicht von Rasse oder Mode, sondern von Wahrnehmung und davon, was wir subjektiv als schön empfinden. Ich wollte eine Folge von Bildern schaffen, die Menschlichkeit ausstrahlen und die Menschen anregen, sich zu fragen, was schön ist.«

 

Dingwall hat bestimmte Elemente in seiner Arbeit in den Vordergrund gerückt. Diese Symbole haben seine Wahrnehmung als Künstler befördert und sind bezeichnend für seine Absicht, die Perspektive des Betrachters zu beeinflussen.

 

Die Symbole von Licht und Dunkelheit sind eine Reflexion seines Mediums. Dingwall setzt die charakteristische Eigenschaft der Fotografie ein, um einen einzigartigen Bezugsrahmen zu schaffen. Er malt derart mit Licht, dass er die Enthüllung des Unsichtbaren zeigt. Licht stellt Wahrheit dar und hebt sich von dem Element der Dunkelheit ab, um den unaufgeklärten Bewusstseinszustand der früheren »Irr«-Vorstellungen zu betonen.

 

Wasser ist ein weiteres Element, das Dingwall einsetzt, um die sich ändernden Wahrnehmungen der Gesellschaft wiederzugeben. Wasser suggeriert Selbstreflexion und wird in der Literatur häufig als Symbol für Veränderung verwendet.

 

Ein anderes Symbol für Veränderung wird in den Schmetterlingsbildern dargestellt. In ihrem Verwandlungsprozess verändern sich Schmetterlinge in einem solch extremen Maß, dass sie am Ende ihrer Metamorphose nicht mehr wiederzuerkennen sind. Der Schmetterling behandelt fraglos die Verwandlungen ihrer Umwelt und ihres Körpers. Aus diesem Grund wurden Schmetterlinge zu Symbolen für Wachstum, Unterwerfung, Wandel und Feier. Diese Werke versuchen, ein Gleichgewicht entstehen zu lassen, das definiert wird als »ein Zustand, in dem gegensätzliche Kräfte oder Einflüsse ausbalanciert sind«. Auf diese Weise beabsichtigt der Künstler, eine Bewusstseinsharmonie zu schaffen.

 

Die Schlange, die in Dingwalls neueren Werken zum Einsatz kommt, impliziert Verwandlung – sei es durch das Abstreifen der alten Haut, um der neuen Platz zu machen, sei es aber auch in der Medizin als Symbol für Heilung.

 

Entsprechend dem Titel einer seiner Arbeiten – In with the new(Her mit dem Neuen)– liefert Dingwall eine neue Deutung des alten englischen Sprichworts »Out with old ideologies and in with a new perspective« (»Weg mit alten Ideologien und her mit einer neuen Perspektive«).[1]



[1]Anm. d. Übersetzerin: Dies entspricht in etwa der deutschen Redensart »Weg mit den alten Zöpfen!«.